Dienstag, 30. November 2010

Der uns besser kennt als wir uns selbst

"Gott ist so willig und bereit zu erhören, dass er, noch ehe sie rufen, schon die Wünsche des Herzens erhört. Ja, Gott hat es eiliger zu hören, als jene es haben zu rufen."
Martin Luther

Abendstimmung im 19.



Der November bescherte uns einen sonnigen Spätherbst.

Beschleunigung

Wie steht's?
Es geht.
Wie geht's?
Es läuft.
Wie läuft's?
Es rennt.

Lebensspuren am Eck

Tür einer nicht mehr betriebenen Kneipe in Gersthof.

Die Botschaft hör ich wohl...

"Ich nehme bei jungen Menschen eine neue Offenheit für, ja, eine Neugier auf Religion wahr. Das bezieht sich auch auf die christliche Botschaft, die Rituale der Kirche und die Vollzüge der alltäglichen Frömmigkeit. Diese jungen Leute zwischen 15 und 35 müssen sich von niemandem absetzen. Sie sind unbefangen, unbelastet, ohne Vorurteil. Und wir brauchen nur auf die Kraft unserer heiligen Texte, Rituale und Vorbilder zu vertrauen."


Der scheidende Präsident des EKD-Kirchenamts Hermann Barth im epd-Interview

Sollte in Deutschland alles so anders sein als in Österreich? Eine erstaunliche Aussage.

Blick von Michelbeuern hinüber nach Spittelau

Montag, 29. November 2010

Die Frage nach dem Subjekt

  "Ich meine (...), daß sich oft das Tiefsinnigste unsers Wesens, jene noch unsichtbaren Gedanken zuweilen in Bilder umsetzen, deren sich dann der Traum bemächtiget, um unser ganzes Sein von Grund aus zu erschüttern."
  "Aber", sagte der Baron, "spielen wir selbst mit uns, oder mischt eine höhere Hand die Karten?"
  "Vielleicht", antwortete der Jüngling mit bedenklicher Miene, "läuft in den recht wichtigen Lebensmomenten beides auf eins hinaus." - Er schien von dieser Vorstellung selbst überrascht zu werden.

Ludwig Tieck (Die Gesellschaft auf dem Lande)

Esoterisch angehaucht?

Motiv auf den Servietten der Cafeteria des Evangelischen Gymnasiums Wien. Vielleicht ein Fall für die Weltanschauungsbeauftragte?

Mittwoch, 24. November 2010

Katholische Kirche

"Die Neuerung kann noch so revolutionär sein, nie darf sie im Verhältnis zur Tradition als Bruch erscheinen; der Aufweis der Kontinuität ist das A und O jedes kirchenamtlich autorisierten Umsturzes. "


Aus dem FAZ-Artikel von Christian Geyer: Wirklich keine Revolution? Der Papst und die Kondomfrage

Poesie in der Auslage

(Schaufenster einer Glasmanufaktur im Grätzel.)

Donnerstag, 18. November 2010

Widerspruch

"Die Dämonie des modernen Lebens bringt es mit sich, daß die Seele fast nur noch passiv wird, nur noch fähig, Eindrücke aufzunehmen, freilich nicht bis hinein in ihre letzten Tiefen, sondern nur bis zur Oberfläche, von wo sie in irgendwelchen Reaktionen wieder zurückgeworfen werden. Unter all den Eindrücken, den Stimmungen, den Zerstreuungen, den Sensationen — es lohnt sich, dem ursprünglichen Sinngehalt all dieser Ausdrücke nachzugehen! —, geht die ursprüngliche Kraft der Seele verloren, selbst schöpferisch zu sein, aktiv, nicht nur reaktiv, ein Licht, nicht nur ein Spiegel, eine Quelle, nicht nur ein Gefäß. Daher ist auch die Produktivität des modernen Menschen zum allergrößten Teil eine Scheinproduktivität, ein Feuerwerk, das versprüht, ein Fluoreszieren, das weder leuchtet noch wärmt. Was da verlorengeht, das ist nicht nur eine zwar bedeutsame, aber schließlich entbehrliche Seite unsrer inneren Veranlagung, sondern ein Stück unsrer Gottebenbildlichkeit, ja im Grunde diese selbst."

Erich Schick: Seelsorge an der eigenen Seele. Geistliche Lebensregeln zur inneren Ordnung, Hamburg 1963, S. 96

Dienstag, 9. November 2010

Wir sind Menschen, keine Engel

Sehr natürlich, wir sind Menschen und keine Engel. Wir können und sollen jetzt noch nichts anderes als Menschen seyn. Die Wahrheit ist nicht ferne von uns; sie liegt aufgedeckt in unsrer Mitte, der Engel schaut sie da mit leichtem Blick, wo wir sie mühsam suchen und finden. Aber uns mangelt als Menschen die Fähigkeit sie zu bemerken und zu unserem Eigenthum zu machen. Das irdische Auge sieht sie nicht, denn der unvollkommene Verstand würde sie doch nicht fassen; der Verstand faßt sie nicht, denn das sinnliche Herz würde ihren hohen Werth doch nicht fühlen; das Herz fühlt sie nicht, denn unsere schwache Kraft würde sie doch nicht zur Weisheit und Glückseligkeit benutzen dürfen.


Johann Peter Hebel, aus einer Predigt vom 21. April 1793

Samstag, 6. November 2010

In einer Auslage gesehen

Nicht nur ein österreichisches Problem

"Die Studie zeigt, dass muslimische Jugendliche viel mehr Religion mitbekommen als einheimische aus (ehemals) christlichen Familien. Muslime werden beeinflusst, aber schwimmen nicht wie der Rest mit im mächtigen Strom der pluralistischen Gesellschaft, der feste religiöse Identitäten bleicht und auswäscht. 
Junge Muslime haben, so sehr ihre Tradition durch die Moderne erschüttert wird, an der Religion Mohammeds noch mehr Halt als ihre westeuropäischen Altersgenossen am Christentum. Dieser Unterschied, von Land zu Land anders ausgeprägt, trägt zur diffusen Befürchtung bei, dass Europa die Islamisierung droht. Und führt auch dazu, dass junge Westeuropäer sich zunehmend vor Fremden in Acht nehmen. 
Die Kirchen müssen im Traditionsabbruch ihr Versagen konstatieren: In der Nachkriegszeit sind die Väter und Mütter Westeuropas mehrheitlich dazu übergegangen, ihre Kinder nicht mehr religiös zu unterweisen, sondern ihnen die Religion freizustellen. Es verwundert nicht, dass ein grosser Teil der Sprösslinge nicht mehr im Glauben der Vorfahren zu Hause ist und auch seinen identitätsstiftenden Sinn nicht mehr kennt. Denn schon die Eltern sind ungläubig; sie sind Agnostiker und praktizierende Atheisten, dem Kult des Wohlstands und Wohlergehens verpflichtet. "

Herbstabend auf der Riegersburg

Dienstag, 2. November 2010

Der Tod: Immer in Eile

„(…) so zeitlos der Tod ist, nie hat er Zeit. Kaum gemordet, schon weiter. Was man ihm nachruft, verhallt; sein Schädel ist ohrlos, sei­ne Hirnschale nur mit den Argumenten des Moders ge­füllt. Kein sehr vertrauenswürdiger Gehilfe, dessen der Ewige sich hier bedient, sein Werk zu vernichten; es ge­lingt mir schon lange nicht mehr, diese Wahl anzuer­kennen; sie ist seiner unwürdig, von Anfang an.“

Wolfdietrich Schnurre [Ein Unglücksfall 8f.]